Die Historie

Die beiden Gebäude am Rand der mittelalterlichen Stadt sind Fachwerkgebäude des 17.-19. Jahrhunderts. 

Die beiden Gebäude am Rand der mittelalterlichen Stadt sind Fachwerkgebäude des 17.-19. Jahrhunderts. Ihre Geschichte reicht jedoch sehr viel weiter zurück. Die östlichen Mauern beider Häuser bestehen aus der mittelalterlichen, vermutlich im frühen 14. Jahrhundert errichteten Stadtmauer. Damals war mit der Stadterhebung Münsingens durch die Grafen von Württemberg die Voraussetzung für eine Befestigung geschaffen worden. Die Bebauung in diesem östlichen Stadtbereich war ursprünglich bei weitem nicht so dicht wie heute. Das Stadtbild ist vielmehr Ergebnis eines jahrhundertelangen Wachstumsprozesses und stadtplanerischer Eingriffe.

Die Zehntscheuer, 1454 erstmals in den Quellen genannt, diente der Lagerung des ursprünglich dem Pfarrer zustehenden zehnten Teils vom bäuerlichen Getreideertrag. 1840, kurz vor der endgültigen Ablösung des Zehnten, wurde das Gebäude an Seifensieder Scholl verkauft. Der Stiftspflegefruchtkasten ist eine jüngere, ebenfalls der Kirche dienende Einrichtung. Fromme Stiftungen, die der Münsinger Kirche im Mittelalter zuflossen, bildeten ein Vermögen, das mit der Reformation an den Landesherrn fiel. Die vormals kirchlichen Einkünfte blieben unter eigener Verwaltung, und zur Lagerung der Getreideeinkünfte dieses „geistlichen“- oder „Stifts“- Besitzes wurde zwischen 1563 und 1569 neben der älteren Zehntscheuer ein Fruchtkasten errichtet. Ursprünglich sollte das Getreide auf dem Dachboden der Martinskirche, später in einem Neubau beim Schloß untergebracht werden. Diese Projekte wurden ebensowenig wie ein aufwendiges, von dem herzoglichen Baumeister Aberlin Tretsch als Steinbau geplantes Gebäude realisiert.

Zehntscheuer und Fruchtkasten wurden im verheerenden Stadtbrand vom 13. September 1671 zerstört und anschließend wieder aufgebaut. Auch die benachbarten Häuser stammen überwiegend aus dieser Zeit. Die Salzgasse wurde damals platzartig erweitert. Auch das beeindruckende Stadtschreiberhaus (Salzgasse 16) entstand zu dieser Zeit. Während es in der Zehntscheuer im 19. und 20. Jahrhundert zahlreiche Um- und Einbauten gab, bewahrte die Fachwerkfassade des Stiftspflegefruchtkastens im wesentlichen ihren barocken Charakter. Bereits im 19. Jahrhundert gab es Pläne für eine andersartige öffentliche Nutzung. Aus Raumgründen wurde jedoch die Idee, hier einen Kindergarten sowie einen Turn- und einen „Zeichnungssaal“ für die Münsinger Schulen einzubauen, wieder fallengelassen. Sukzessive gelangten die Gebäude in den Besitz der Firma Stiegler, die hier ein Lagerhaus einrichtete. 1984 erwarb die Stadt Münsingen das gesamte Anwesen. Während die Zehntscheuer weiterhin privat genutzt wurde, entwickelte sich der Fruchtkasten zu einem weithin beachteten kulturellen Kleinod mit Platz für Ausstellungen, Theater und Kleinkunst.